Der goldene Herbst wird vor meiner Haustüre erst ab etwa zehn Uhr sichtbar, dann verziehen sich die Nebelschwaden und die Häuser und der Inn tauchen langsam wieder auf.
Das ist ein Bild, das ich manchmal auch in meinen Trauerreden verwende. Die Traurigkeit, die sich wie ein dicker, scheinbar undurchdringlicher Nebel auf uns legt und uns unsichtbar fast erdrückt. Aber trotz der Verzweiflung kommt manchmal ein Sonnenstrahl durch die Schwaden und zeigt uns, dass es eine Welt da draußen gibt, in der es anders ist, als bei uns. Gerade auf den Naturfriedhöfen bei uns in der Region in Fürstenstein und Büchelberg und an anderen Stellen ist der Wechsel der Jahreszeiten ein Thema das passt.
Genauso natürlich auf den herkömmlichen Friedhöfen. In Berlin sind wir einmal durch den alten jüdischen Friedhof gegangen, mit seinen verwitterten Grabsteinen und Efeu der über den Boden rankt. In Paderborn habe ich neben einem der städtischen Friedhöfe gewohnt, mit alten, großen Bäumen, an denen man die Jahreszeiten ablesen konnte und die im Herbst mit ihren bunten Blätter die Gräber fast ganz zugedeckt haben. In Passau sehe ich den Hochfriedhof in der Innstadt von meinem Bürofenster aus. Friedhöfe sind gemacht Orte der Erinnerung, die jedoch trotz ihrer steinernen Anmutung sehr viel mit Natur zu tun haben. Die Gräber werden individuell bepflanzt, es gibt Bäume, die Schatten spenden und auch das Unkraut gedeiht und sucht sich seinen Weg an den Rändern. Ein Friedhof ist ein Ort der Toten, aber wir sehen auch, dass das Leben wächst und weitergeht.
Kerzen brennen an manchen Gräbern, an anderen stehen ein frischer Blumenstrauß oder ein selbstgemaltes Kinderbild. Das sind Zeichen eines kürzlich abgestatteten Besuchs, dass jemand dort war, der an den gedacht hat, der nicht mehr physisch bei ihnen ist. Ein Freund, eine liebe Person oder ein Kollege. Ein Grab ist damit ein Ort, an dem man nochmal einen Gruß hinterlassen kann. Genauso ist es mit der Abschiedsfeier. Der Tod ist immer ein Schock, wenn er denn da ist, auch wenn wir schon lange wissen, dass er kommt, er wird ja niemanden verschonen. Der kirchliche Ritus gibt Vielen Kraft und Orientierung, ein Bestatter und ein Pfarrer wissen, was zu tun ist. Aber was geschieht, wenn man sich von den Gemeindestrukturen entfernt hat, nie in einer Kirche war, oder ausgetreten ist?
Auch hier gibt es die Möglichkeit würdevoll Abschied zu nehmen. In einer "freien" Zeremonie, die ganz nach den eigenen Wünschen, angepasst auf den oder die Verstorbene/n abgestimmt ist. Es können Lieder gespielt werden – auch welche, die in einer Kirche nicht ganz so passend wären – , die ihm oder ihr wichtig waren, wir können gute Gedanken formulieren und, was ich gerne mache, um die Zeremonie zu strukturieren: mit Klangschalen oder anderen Klanginstrumenten arbeiten. An manchen Abschiedsorten (Aussegnungshallen), ist es sogar möglich Bilder zu zeigen. Von glücklichen Momenten, Bergtouren oder daheim im Garten, von Reisen und Festen, zusammen mit den Liebsten oder alleine. Eine Abschiedsfeier ist ein letzter Gruß an den lieben Menschen, der gegangen ist, aber es ist auch der Ort, an dem die Hinterbliebenen Zeit haben, um sich die Person nochmal vor Augen zu stellen und wirklich Abschied zu nehmen. Nutzen Sie diese Möglichkeit! Freie Redner stehen Ihnen gerne zur Seite und beraten Sie bei der Gestaltung der Zeremonie.
Jetzt ist es kurz nach zehn und die Sonnenstrahlen haben es geschafft. Sie fallen in mein Fenster, auf meinen Schreibtisch und meinen Arm. Es wird ein guter Tag werden.